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Mit weiblichen Waffen gegen den Krieg

„LYSISTRATE“ von Aristophanes – Zimmertheater Rottweil, Open-Air auf dem Kirchplatz am 6. Juli 2013

Von Hanni Vollmer

Dornhan. Martin Miller und seine fleißige Truppe vom KKF mussten wegen des Wetters für das Open-Air-Theater am vergangenen Samstagabend nicht bangen.

Zur erfrischend direkten und sehr modernen Inszenierung von Aristophanes’ „Lysistrate“ von Tonio Kleinknecht konnte das Zimmertheater Rottweil noch den Charme einer schwäbischen Sommernacht auf dem ausverkauften Kirchplatz bieten. Intendant Kleinknecht verabschiedet sich mit einer beeindruckenden Produktion dieser Komödie. Er wechselt nach zehn Jahren prägender Arbeit ans Theater Aalen.

Aristophanes ist ein Komödienschreiber par excellence. Mit „Lysistrate“ verfasste er ein Plädoyer gegen den Krieg und für die Strategie der Frau. Krieg und Frieden zwischen Völkern gehören zur Geschichte wie zur Gegenwart. Auch die Klischees um Mann und Frau sind so alt wie die Welt. In Aristophanes’ 2400 Jahre altem Stück lehrt die rebellierende Lysistrate den Frauen Griechenlands und den verfeindeten Spartanerinnen, die der ewigen Kriege ihrer Ehemänner müde sind, ihre weiblichen Waffen äußerst schlau einzusetzen. Kein Zutritt zu den heimischen Schlafzimmern und Konfiszierung des Staatsschatzes sollen zum Frieden führen.

Lysistrate kommt dann auf das 21. Jahrhundert zu sprechen und formuliert eine aktuelle Friedensbotschaft. Hätten nicht seit dem Zweiten Weltkrieg mehr als 16 Millionen Menschen ihr Leben verloren? „Was kümmert Euch das, Männer?“ Gekonnt werden Botschaften von Bertha von Suttner, Rosa Luxemburg oder Simone de Beauvoir eingeflochten. Danach heißt die Devise sexuelle Aushungerung. Doch halten dies auch die Frauen selbst durch?

Claudia Sutter betont die Figur der Lysistrate überlegen und geschickt agierend. Fortissima ist Franziska Anna Bonn als Kalonike. Ein ganzes Frauenheer, das die Burg besetzt hält, kommt als pazifistische Bewegung hinzu. Hier überzeugte Chorführerin Alessandra Ehrlich.

Mit der erzwungenen Enthaltsamkeit geht es den heimkehrenden müden Kriegern schlecht, war doch der sexuelle Gehorsam der Frauen bis zur Besetzung der Burg selbstverständlich. Die Ratsherren sind verzweifelt. Hier faszinierte und überzeugte Patrick Hellenbrand in seiner ausdrucksstarken Präsenz auf dem Schauplatz. Ralf Schneckenburger, spartanischer Herold, legte sich ebenfalls mit spielerischem Können ins Zeug. Der Bettstreik lässt die rätselhafte Myhrrine, welche Fabienne Trüssel mit Hingabe spielt, jedoch genauso leiden. Und nach und nach geht es den anderen Frauen mit der Machtprobe nicht anders. Und doch gibt sich das männliche Heer in dieser kuriosen Schlacht von der eigenen Männlichkeit geschlagen.

Viel Applaus für eine Komödie mit Botschaft, für die Kraft einer guten Idee. Viel Applaus auch für Cornelia Schönwald und Tonio Kleinknecht, die sich Regie und Dramaturgie geteilt haben.

Quelle: Schwarzwälder Bote