Alle Artikel von ‘Brigitte Dienstl-Arnegger

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Herr Niels und der Fürst der Finsternis: „Ein echter Knüller“

Super Stimmung bei KKF: Einen spaßigen Abend mit genialem Unsinn erlebten die Besucher am Samstagabend bei Kunst und Kultur im Farrenstall mit dem „Fürst der Finsternis“ und „Herr Niels“.

 

Auf allen international bedeutenden Varieté- und Theaterbühnen, faszinierenden Shows wie dem Cirque du Soleil oder renommierten Comedyfestivals ist Herr Niels mit seinem unglaublichen Spiel der imaginären Kräfte zu Hause. Martin Sierp – oder „Der Fürst der Finsternis“ ist der zweite, nicht weniger bekannte Comedian, der auf den Bühnen Europas auftritt und ebenso begeisterte.

 

Als großer Verwandlungkünstler sorgte Sierp an diesem Abend für ein kostenloses Workout der Bauchmuskeln sowie Vergnügen mit Zauberei, gelungenen Parodien und schier unerschöpflicher Schlagfertigkeit. Von der ersten bis zur letzten Minute nahm sich der Künstler nicht besonders wichtig und betonte mehrfach, dass seine Show kein Niveau habe. Er garantierte damit raffiniert, dass auch die flachsten Witze zum Lacher wurden. Gerade das machte ihn so sympathisch.

Mit der 13-jährigen Dornhanerin Maja aus dem Publikum bewies der Fürst sein Talent des Gedankenlesens. Sie sollte aus einem Vampirbuch ein Substantiv suchen und fest daran denken. Mit verbundenen Augen versuchte er, ihre Gedanken zu lesen, gespickt mit Albernheiten zur Belustigung der Besucher. Es überraschte nicht nur Maja, auch alle Gäste im gut besuchten Saal, dass das Wort „Friedhofsmauer“ das richtige war.

Susanne und Florian aus Sulgen holte er auf die Bühne und ließ sie reden, besser gesagt: Er übernahm die Rolle des Redens als Bauchredner für das Paar vor dem Altar. Das Publikum tobte. Dann wiederum ließ er Flaschen verschwinden oder zahlte mit 60 Euro in der Hand das Taschengeld seiner Söhne, das teure Shampoo seiner Frau, gab seinem Freund die geliehenen 30 Euro zurück und hielt zum Schluss immer noch 60 Euro in der Hand.

Körperillusionist erntet jede Menge Jubel

Bei Niels wiederum hieß es: „Flexibilität ist alles“. Unglaublich war sein nonchalantes Auftreten mit müheloser Leichtigkeit die Schwerkraft auflösend. Der grandiose Meister der Bewegung versetzte mit seiner eigenwilligen schlangenhaften Körpersprache und virtuoser Mimik alle ins Staunen. Dabei machte Herr Niels eigentlich nicht viel – oder besser gesagt nur ein bisschen Quatsch, Pantomime, sparsam eingesetzt, und witzig-kleine Wiederholungen, dagegen setzte er jedoch spektakuläre körperliche Einsätze. Wegen eben dieses subtilen artistisch-akrobatischen Zusammenspiels bei stummer Bühnenperformance begeisterte der mehrfach ausgezeichnete Körperillusionist und erntete nicht weniger Beifall und Jubel als Sierp. Die Doppelshow war, so ein Besucher, „ein echter Knüller – und das im kleinen Städtchen Dornhan“.

Text und Foto: Vollmer

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Chamaeleon Theater Horb a.N.: Ein Lebemann bereut sein Tun

KKF – Kunst und Kultur im Farrenstall – lud zu einer Open-Air-Veranstaltung ein. Bei schönstem Sommerwetter präsentierte „Das Chamaeleon“ aus Horb am Samstag „Jedermann“ von Hugo von Hofmannsthal.

 

Bei Hofmannsthal ist Jedermanns Anbetung des Götzen Mammon ein Problem auf dem Weg in ein Leben nach dem Tod. Die herrlich erfrischende, entstaubte Umsetzung von Dorothee Jakubowski, die einen knallharten Kapitalisten im 21. Jahrhundert aufzeigt, blickt genau so auf den unbewältigten Sachverhalt von Tod und Gott wie auf das Aufeinandertreffen von herzlich-menschlichen und kalt-monetären Werten. Dabei konnte das Publikum Leben und Sterben des genusssüchtigen Protagonisten hautnah erleben. Beim rauschenden Fest für seine Geliebte und die teuflisch gute Gesellschaft servierten Tobias Haas und Doro Braun von KKF, als Bedienpersonal exzellent in die Szenen eingebunden, opulente Speisen und ausgewählte Weine. Der Kirchplatz wurde zum Schlemmerfeld auf dem das Laute, Schillernde und Leidenschaftliche und dessen Schattenseiten in der bildhaften Wortkunst Hofmanns­tahls beleuchtet wurde. Jedermänner wird es immer geben und die Fragen dazu ebenfalls. Wie und wofür lohnt es sich zu leben? Für Geld, Macht, Begierde? Für inneren Frieden, für Liebe? Was bleibt, wenn nichts mehr bleibt? Wie ist der letzte Atemzug, wenn der Tod anklopft und das göttliche Gericht wartet?

 

Im Stück wird Jedermann ein Aufschub gewährt. Er hofft auf Hilfe aus seinem Umfeld. Wird sein egoistisches Kalkül aufgehen? Amüsement und seelische Tiefe zeigen sich in guter Balance. Wenn Andreas Schnell als Jedermann die aufreizend-berechnende „Buhlschaft“ (Rosa Maria Paz) im engen roten Kleid begehrt, knisterte es geradezu vor Erotik. Die Sorgen seiner Mutter (Monika Bugala) lassen ihn kalt. Er setzt auf seine Freunde, die ihn im Stich lassen, so auch seine Dienerschaft. Ausgelacht wird er sogar vom ruppigen Mammon. Die Angst vor dem Tod sitzt allen im Nacken. Dann kommt der bedrohliche kalte Tod zurück (beeindruckend verkörpert von Dorothee Jakubowski) und fordert Jedermann auf, nun mit ihm zu gehen.

Aus der Ferne ertönt leise die Stimme der Hoffnung (Rosa Maria Paz). Jedermann hört seine „guten Werke“, die noch als einzige zu ihm halten. Zu schwach ist das bleiche kranke Wesen jedoch, um die Seele Jedermanns vor dem Zugriff des Teufels (Swen Richter) zu retten. Doch gemeinsam mit ihrer erhabenen Schwester, dem „Glauben“ (Magdalena Rau) schaffen sie Jedermanns Wandlung zur Bußbereitschaft. Die vielen begeisterten Zuschauer spendeten lang anhaltenden Applaus für ein sympathisches Ensemble mit überzeugender Spielfreude.

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Sebastian Lehmann trifft im Bürgersaal ins Schwarze!

Text und Foto: Hanni Vollmer

Bei KKF – Kunst und Kultur im Farrenstall – ist immer was los. So war am Samstag der Lesebühnenautor und Poetry-Slammer Sebastian Lehmann zu Gast. Die Veranstaltung des namhaften Künstlers mit seinen lustigen Telefonaten war bereits im Dezember ausverkauft.

 

In den vergangenen Jahren ist der gebürtige Freiburger, der Neuere deutsche Literatur, Philosophie und Geschichte studierte, durch seine launigen „Elternzeit“-Telefonate im Radio bekannt geworden. Nach wenigen Augenblicken hat der symphatische Mittdreißiger die Zuhörer mit seiner erfrischend authentischen Art auf seiner Seite.

„Wie alle waschechten Berliner komme ich aus Süddeutschland“, erklärt er. Deshalb gebe es häufig Telefonate mit seinen Eltern in Freiburg. Einige davon habe er mitgeschrieben.

Spaßig, ideenreich und überzogen sind seine, mit angenehmer, ruhiger Stimme hervorgebrachten Erzählungen. Jugendkultur, Eltern-Kinder-Beziehung, Lösungsprozesse und eine etwas andere Lyrik bieten ihm ein weites, seitenfüllendes Feld – bis hin zu unterhaltsamen Büchern. Urkomisch, wie er die elterliche Fürsorglichkeit, die zwischen Rüge und Sorge hin- und herpendelt, aufzeigt. Beim Vorlesen huscht von Zeit zu Zeit ein Lächeln über das Gesicht. Er scheint seinen Eltern intensiv zuzuhören. Es geht dabei um Alltagsdinge, um Gott und die Welt.

 

Aber Mutter und Vater äußern bei allen Telefonaten schlussendlich immer ihre Sorgen, Erwartungen und Wünsche und lassen ihren Emotionen freien Lauf. So sorgen sie sich um sein Auskommen als brotloser Künstler, geben Ratschläge bei Erkältungen, fordern Präsenz an Weihnachten, kündigen stressige Berlin-Besuche an und fragen nach seinen Beziehungen. „Ich habe seit vier Jahren eine Freundin, Mutter, und ihr kennt sie“. Es wird viel und herzlich gelacht im Bürgersaal. „Oh, meine Eltern, sie ändern sich nie, aber wahrscheinlich ist das gut so“, konstatiert die Frohnatur zum Schluss und überhört den mütterlichen Kommentar: „Mit deinem Bruder hatten wir ja Glück“. Das Publikum, das bei dieser Veranstaltung rund 20 Jahre jünger als bei anderen ist, spendet einen Riesenapplaus.
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Ponticellos – Cello bietet emotionale Intensität

Von Hanni Vollmer

Spielfreude mit Musik auf höchstem Niveau erlebten die zahlreichen Besucher am vergangenen Samstag bei KKF – Kunst und Kultur im Farrenstall.

Das Duo „Ponticellos“ begeisterte mit seinen Sounds von kammermusikalischer Intimität bis hin zu ungebändigter Rockmusik. Das Cello, in einem Symphonieorchester ein notorisch im Schatten der Violine stehendes Streichinstrument, nutzen Matthias Trück und Tim Ströbele deutlich herausgehobener.

Sie entlocken dem Cello nicht nur die kraftvollen geerdeten sowie die warm-weichen höheren Töne, sondern auch seine ganze Ausdrucksbreite emotionaler Intensität. Die beiden kreativen Musiker experimentieren klanglich mit Zupfen, Streichen, Klopfen und weiteren Ausdrucksformen in griffigen Tempi.

In ihrem weltmusikalischen Rundflug zogen sie alle Register ihres gestalterischen Könnens und verblüfften mit gefühlvollen bis spritzig-frechen Stücken. Tim Ströbele, Konzertmeister bei der Württembergischen Philharmonie, und Matthias Trück, Arrangeur und Gründer der Cello-Akademie Rutesheim, stehen seit 20 Jahren als Duo „Ponticellos“ auf der Bühne. Zur Eröffnung des Konzerts spielten die Instrumentalisten mit traumhafter Sicherheit den raffiniert arrangierten Soundtrack von Hans Zimmer zum Film „Madagascar“, gefolgt von südamerikanischer Melancholie in „Canción con Toros“. Mit Arrangements aus dem Film „Buena Vista Social Club“ erklang unbeschwerte kubanische Leichtigkeit. Das Publikum reagierte mit Bravo-Rufen. Aus der Feder von Tim Ströbele hörte man anschließend spielerisch entstandene Eigenkompositionen wie „Harte Zeiten“, „Abschied“, „Nachts“ und „Zeitlos““, die sie launisch-unterhaltsam mit meditativen Momenten, dann wieder mit gnadenloser schweißtreibender Hektik präsentierten.

Nach der Pause interpretierten die Cellisten farbig kolorierte Jazzmelodien. Osteuropäischen Klängen nachempfunden war der „Balkanbeat“.

Einen besonders virtuosen Ausdruck fanden die Instrumentalisten bei „Libertango“ von Astor Piazzolla. Das Publikum war außer sich. Nach „Mad World“, dem letzten Programmstück, erklatschten sich die Zuhörer weitere Melodien. Mit dem Volkslied aus Katalonien „Der Gesang der Vögel“ verabschiedeten sich „Ponticellos“ schließlich.

Die geballte Intensität wechselnder Stimmungen und die spürbarer Harmonie zwischen den Virtuosen war großartig und beeindruckte.

 

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Adele Neuhauser in Dornhan: „Ich war einmal mein größter Feind“

Von Hanni Vollmer

Wer kennt sie nicht, die sympathische Schauspielerin Adele Neuhauser als vom Nikotinhusten geschüttelte Bibi Fellner, die im Wiener Tatort so gerne mit „Bist deppat?“ um sich wirft?

 

Am Wochenende war der TV-Liebling Gast bei KKF – Kunst und Kultur im Farrenstall. Angereist war die 60-Jährige allerdings nicht mit ihrer schrill lackierten Karre, sondern mit dem Bus ihres Sohnes Julian Pajzs, einem Jazzmusiker, der mit der Band „Edi Nulz“ die Lesung seiner Mutter begleitete.

 

„Ich war mein größter Feind“ lautet ihr autobiografisches Buch, aus dem Neuhauser eindrucksvolle Passagen las. Ihr Publikum im ausverkauften Saal war im Nu gefangen.

Als Adele vier Jahre alt war, übersiedelte die Familie der gebürtigen Athenerin nach Wien.

Schon bald wurde ihre Kindheit beeinflusst von der Trennung der Eltern, nach der sie beim griechischen Vater lebte. Warmherzig und mit großer Offenheit erzählt sie von Schwächen und Krisen, von Selbstmordversuchen zwischen dem zehnten und dem 21. Lebensjahr. Die Schauspielerlei gab der jungen Adele aber den notwendigen Halt zur Selbstfindung. Sie lernte, sich vom Leben umarmen zu lassen. Am Theater in Münster und später in Essen hatte Neuhauser die Möglichkeit, sich auszuprobieren und zu entwickeln, dabei auch hartnäckig und durchsetzungsfähig zu werden. Den Durchbuch schaffte sie dann aber beim Fernsehen.

Bibi hat viel Zivilcourage, ein großes Herz und setzt sich für die Wahrheit, für Gerechtigkeit und die Schwächeren ein. Sie ist nicht perfekt, nicht geschleckt, hat Empathie und Humor. „Diese Rolle passt zu mir“, sagte die prominente Kriminalfrontfrau mit ihrer markant-tiefen Stimme.

Sie erzählte auch von ihren österreichischen Goßeltern, die beide Malerei studierten und ihr den Blick für die Kunst und die heimischen Wälder schärften.

Durch den Tod ihrer Eltern und ihres Bruders habe sie die Endlichkeit extrem erfahren. Das habe ihren Blick aufs Leben positiv verändert. Das eigentliche Glück liegt für Adele in einer durch einfache Dinge zustande kommende Zufriedenheit. Ganz offen erzählte sie von Vorbildern, und sie gab auch Träume preis. Dann berichtete sie von ihrer Liebe zu Julian. „Schon als ich mit ihm schwanger war, hatte ich das Gefühl, da passiert etwas Göttliches in mir und mit mir. Als ich ihn dann zum ersten Mal in den Armen hielt, spürte ich eine bedingungslose Liebe“. Das sei bis heute so. Man begegne sich immer auf Augenhöhe, sagte die stolze Mutter.

Faszinierend bei ihrer Lesung war immer auch die melodiöse Wiener Mundart mit weichen Konsonanten und in die Länge gezogenen Vokalen. Eine Sprache, die mit einem gewissen Augenzwinkern beim Zuhörer ankam.

Das Dornhaner Publikum war vollkommen begeistert, auch von „Edi Nulz“ mit den experimentellen Rock-Jazz-Arrangements.

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Duo con Animo: Poetisch und in perfekter Einigkeit

Von Hanni Vollmer

Seltene Besetzung mit hoher Strahlkraft: Im Rahmen des Rottweiler Dreiklang-Festivals gab das „Duo con Animo“ mit Birgit Maier-Dermann, Querflöte, und Gitarrist Günther Schwarz ein Konzert bei KKF – Kunst und Kultur im Farrenstall.

Im gut besetzten Bürgersaal nahmen die sympathischen Musiker ihre Zuhörer mit auf eine spannende Reise durch drei Jahrhunderte musikalischer Stilepochen. Bereits beim Auftakt, dem quirlig-launigen „Entr-Acte“ von Jacques Ibert, ein Stück der Moderne, zeigten Flötistin und Gitarrist, dass die seltene Kombination von Querflöte und klassischer Gitarre faszinierend klingt.

Sehr gefühlvoll interpretierte das Duo die „Quattro Episodi“ von Franco Margola mit seiner typisch impressionistisch gefärbten Tonsprache, die im Wechsel spannungsgeladen, gefällig, ruhig oder raffiniert-lebhaft erklang. In den vierten Satz im tänzerischen Charakter legten sie ihre volle Energie. Unglaublich poetisch und in perfekter Korrespondenz mit ihrem Partner auf der Gitarre spielte Maier mit ihrer besonderen Ausstrahlung die plätschernden, zum Träumen anregenden bis hin zu expressiven Melodien des Italieners Mauro Guiliani aus „Große Sonate, op 85“ bevor man das begeisterte Publikum in die Pause entließ.

Am Buffet reichte das Team von KKF den Besuchern „Dreiklang-Baguettes“ in verschiedenen Variationen und spanischen Wein.

Im zweiten Teil traf Bach auf Piazzolla. Die gelungene Hommage an die beiden Meister begann mit Johann Sebastian Bachs Sonate C-Dur, BVW 1033. Die Zuhörer erlebten eine überaus sensible und in der Klangentfaltung schwebend leichte Wiedergabe mit tänzerischen Sätzen. Präzise und doch voller Seele, immer mit einem charmanten Lächeln im Gesicht brachte sich die Flötistin ein. Ruhig und überaus akzentreich begleitete sie der Gitarrist.

Das Spiel ist sehr persönlich, nichts wirkt gemacht. Die Sprache Piazzollas, mit der er die Weiterentwicklung des Tango durch Generationen erzählt, enthält Energie und Gefühl, und das zeigte das Duo mit seiner virtuosen Interpretation von „Histoire du Tango“. Sehr sinnlich, raffiniert in Färbungen und Harmonien und schließlich äußerst temperamentvoll war die Musik der Bordelle, der Cafés, der Nightclubs und das Gesicht des heutigen Tango.

Die beiden Musiker, die während ihrer Lehrtätigkeit an der Stuttgarter Musikschule ihre musikalische Übereinstimmung entdeckten, treten seit 2007 zusammen auf.

Besondere Instrumente

Birgit Maier-Dermann studierte an der Staatlichen Hochschule für Musik und darstellende Kunst Stuttgart. Die Flötistin spielt auf einer handgearbeiteten Vollsilberflöte. Günther Schwarz erhielt seine Ausbildung an den Musikhochschulen Stuttgart und Trossingen. Der Musiker spielt ein Instrument des weltweit renommiertesten Gitarrenbauers Daniel Friederich. Zusätzlich zu ihren zahlreichen Konzerten vermitteln sie in Zusammenarbeit mit bildenden und darstellenden Künstlern Wahrnehmung und Wertschätzung von Kunst.

Birgit Maier, charmant und immer lächelnd, überzeugte im Farrenstall bei Bach und Piazzolla durch Intensität und ihrem ungemein wandlungsfähigen Ton, leicht und weich in den hohen Lagen, warm und dunkel in den tiefen Lagen. Günther Schwarz gab der Gitarre einen ungemein kultivierten Klang und verfehlte keineswegs die Wirkung in den Gratwanderungen. Das hingerissene Publikum erklatschte sich drei Zugaben.

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Philipp Weber: Pointengewitter im Farrenstall

Von Hanni Vollmer

Nach der Spielpause über den Jahreswechsel startet Kunst und Kultur im Farrenstall schwungvoll in die neue Saison von „Kultur – hautnah“.

Philipp Weber, ein pausenlos plappernder Sprachkünstler der Kabarettszene, hat sich am Samstag im ausverkauften Bürgersaal mit dem Programm „Weber Nr. 5: Ich liebe ihn“ präsentiert.

Das Solo ist einerseits sein fünftes, andererseits soll es an einen bestimmten Duft erinnern. Sympathisch, beweglich und makaber für die einen, zu schnell, zu übertrieben für die anderen, entführt Weber seine Zuschauer in die Welt der Agenturen für Image-Design mit ihrer cleveren Suggestionspolitik. Er philosophiert, ereifert sich und überschüttet das Publikum kübelweise mit Slogans.

„Stuttgart kifft“ ist sein Spot für Kretschmanns Legalisierung von Cannabis. Der 44-jährige Naturwissenschaftler deckt dabei süffisant Unwahrheiten und absurde Argumente auf diesen Gebieten auf. Bei den irrsinnigen Wasserläufen an Informationen stehen so manchen Zuhörern Schweißperlen auf der Stirn. Weber wettert über Marken- und Personen-PR, Werbung für jegliche Zielgruppen und betont, dass Werbung für Kinder unter zwölf Jahren verboten gehört.

Auch Politik, Zeitgeist-Anhänger und gesellschaftlich brisante Themen lässt Weber nicht aus. Für absichtliche Veralterung von Produkten – der Obsoleszenz – nennt er unzählige Beispiele. Ein ­Exempel vorbildlichen Manipulations-Marketing findet großen Applaus. Ein Ehemann sollte Eier kaufen. Überglücklich kommt er mit einem Computer der neuesten Leistung zurück. Da könne er in Sekunden 20 Pfannkuchenrezepte herunterladen. „Ja, und die Eier dazu, wo sind die?“, fragt die Ehefrau. Weber selbst sei auch des öfteren auf solche Marketingkampagnen hereingefallen. Er hatte sich einen Trüffelhobel gekauft, verschiedene Milchaufschäumer und ein 45-teiliges Messerset. Mit zwei Messern davon könne er sogar lardieren. Er müsse jetzt nur noch nachschlagen, was das sei.

Die Bedürfnispyramide

Dann erklärt er anhand der Maslowschen Bedürfnispyramide die Motive der Kauflust. Der Inhaber einer Werbeagentur habe ihn überzeugt. Vor seiner Agentur stand lange Zeit ein Obdachloser mit dem Schild „Arbeitsloser Deutscher – brauche Geld für Essen, habe Hunger“. „Junge, so wird das nichts“, habe er ihm gesagt und ein neues Schild gemalt: „Arbeitsloser Asylant – brauche Geld für Kondome, sonst werden wir mehr“. Heute habe dieser Mann 20 Angestellte. „Unterschätzen sie niemals die Macht der Emotionen“, betont er trocken.

Die Macht von Kundenbindung umschreibt er mit seiner Show: „In 20 Jahren werden sie diesen Abend genossen haben.“ Zusammenfassend sein Rat: „Zeit ist die wichtigste Währung des Lebens. Bleiben sie der Hektik und der Manipulation fern“. Am Ende spendete das Publikum Applaus für das Pointengewitter.

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Die neue Spielzeit beginnt mit Kabarett

Von Hanni Vollmer

„Kleines Städtle – große Unterhaltung – Kultur hautnah mit KKF Kunst & Kultur im Farrenstall“ heißt es auch im Jahr 2019. Kaum ist das Programm 2018 beendet, präsentieren die Macher von KKF die neue Spielsaison in einem ansprechenden Flyer-Format.

Dank der Unterstützung aus Handwerk und Wirtschaft konnten wieder Top-Künstler verpflichtet werden. Von Kabarett, Comedy, Poetry Slam, Musik – von Klassik über Folk – bis hin zu Lesung, Kolumnen oder Open-Air-Schauspiel und Kindertheater erwartet Interessierte künstlerische Vielfalt zum Anfassen.

Die zehn Veranstaltungen, erreichbar mit barrierefreiem Zugang, decken eine große Bandbreite der Unterhaltung über Gattungsgrenzen hinweg ab.

Bereits am 19. Januar geht es los mit Philipp Weber’s Kabarettprogramm „Weber No. 5 – ich liebe ihn!“, eine heitere Anleitung gegen jegliche Versuche der Manipulation. Im Rahmen von „Dreiklang“, Klassik im Landkreis Rottweil, gastiert am 9. Februar das „Duo con Animo“ mit Musik für Flöte und Gitarre von Bach bis Piazolla im Farrenstall. Besucher bis 18 Jahre haben freien Eintritt.

„Ich war mein größter Feind“ – Adele Neuhauser, bekannt als unkonventionelle Bibi Fellner im Wiener „Tatort“ – liest am 1. März aus ihrem autobiografischen Buch. Musikalisch begleitet wird die sympathische Kommissarin von der Band „Edi Nulz“. Gitarrist Julian ist übrigens ihr Sohn.

Tim Ströble und Matthias Trück, zwei Cellisten, machen sich am 6. April auf zu einer musikalischen Reise durch die Lebensfreude Lateinamerikas, Südosteuropas und durch kraftvoll rockige Riffs.

Am 11. Mai ist Sebastian Lehmann zu Gast, bekannt aus SWR3. Diese Veranstaltung war bereits im alten Jahr ausverkauft. Nur noch über den Kauf eines Jahres-Abos ist der Besuch des Auftritts möglich. Mit „Elternzeit“ erzählt er von seinen liebsten Jugendkulturen. Der Kirchplatz Dornhan wird am 29. Juni Bühne für Hugo von Hofmannsthals Klassiker „Jedermann“ mit dem Horber Ensemble „Chamaeleon“.

Paddy Schmidt und seine zwei Folkrocker stehen am 21. September auf dem Programm. Das „Acoustic Trio“ präsentiert „Paddy goes to Holyhead“. Am 12. Oktober geht es um außergewöhnliche Körperbeherrschung. „Herr Niels & Der Fürst der Finsternis“ ist eine Mischung aus Pantomime, Clown und Gummimensch.

Am 3. November tritt das Kindertheater „HERZeigen“ auf und zeigt „Jim Knopf und Lukas, der Lokomotivführer“. Der Kulturkalender endet mit „Kaiser & Plain“. Am 9. November präsentieren die beiden Stars „Besetzungscouch – Die Suche nach der wahren Liege“, ein musikalisch-komödiantischer Abend.

Zwischenzeitlich wird die Spielsaison 2020 vorbereitet. Für das zehnjährige Bestehen haben die Veranstalter bereits zahlreiche Ideen. KKF freut sich über weitere kulturelle Fördermitglieder oder über neue Mitglieder im Ehrenamt, sei es im vereinseigenen Küchenteam (hier werden die Canapés thematisch angeboten), bei der Künstlerbetreuung, am Ausschank, beim Saalrichten (hier wird je nach Veranstaltung gestuhlt, in Reihen, an Tischen, mit Club-Atmosphäre).  Das übertragbare Jahres-Abo kostet 125 Euro (ermäßigt für Schüler, Studenten und Schwerbehinderte), erhältlich nur im Bürgerbüro, ebenso wie die Gutscheine. In den „Buchlese“-Filialen Sulz, Dornhan und Schramberg sowie im Bürgerbüro und bei Geschäftsstellen des Schwarzwälder Boten, Ticket-Hotline 07423/7 87 90 sind für die Veranstaltungen Karten im Vorverkauf erhältlich.

Weitere Informationen: www.kkfdornhan.de

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Wirklich stumm sind Stummfilme nie

Von Hanni Vollmer.

Nach einer etwas längeren Sommerpause, bedingt durch die Fußball-Weltmeisterschaft 2018, startete „Kunst und Kultur im Farrenstall“ am Wochenende wieder schwungvoll in die nächste Event-Saison.

Mit Günter A. Buchwald, dem Mann am Klavier, dem Geiger, Geräuschemacher und Schlagzeuger als Stummfilm-Begleiter bot die Kleinkunstbühne eine keineswegs alltägliche Vorstellung. Der Freiburger, der zu den Mitbegründern der Stummfilmrenaissance zählt, gilt weltweit als Meister seines Faches. Seit 1978 hat er in mehr als 2900 Filmkonzerten mehr als 2600 unterschiedliche Stummfilme begleitet.

Buchwald wird regelmäßig zu internationalen Festivals wie „Giornate del Cinema Muto Pordenone“, dem „British Silent Filmfestival“, dem Retrospektivenprogramm der Berlinale oder dem Filmfestival Kyoto eingeladen. Der musikalische Direktor des Bristol Slapstick Silent und ständiger Gastdirigent des Freiburger Philharmonischen Orchesters Freiburg für Stummfilmkonzerte bei seiner Einführung: „Wirklich stumm waren Stummfilme nie – die Musik zu den laufenden Bildern spielte schon damals eine führende Rolle“.

Als größter und beliebtester Filmstar jener Zeit gilt unumstritten Charlie Chaplin mit seinen faszinierenden Unterhaltungsfilmen und Slapstick – der Visionär, der das, was die Menschen bewegte, reflektierte und brillant umsetzte.

Als Einstieg begleitete Buchwald Sequenzen des Films „Der Pfandleiher“, in dem Chaplin den Gehilfen spielt, der beim Abstauben der Wertgegenstände und beim Putzen der Ladenfassade ständig mit seinem Kollegen in handgreifliche Auseinandersetzungen gerät und um die Gunst der hübschen Tochter des Chefs konkurriert. Mit genialen musikalischen Einfällen ließ Buchwald den melancholischen Mann mit Stock, Melone, Schnurrbart und viel zu enger Jacke lebendig werden.

Die Live-Musik unterstrich die Faszination des historischen Stummfilms. Die Besucher reagierten begeistert. Den Hauptfilm konnte das Publikum auswählen. Die Wahl fiel auf Buster Keatons „Kameramann“, der auf den Tag genau vor 90 Jahren uraufgeführt wurde. Der Held kämpft mit dem Bösewicht um die Gunst des schönen Mädchens. Naivität und Verträumtheit lassen den Kameramann in irrwitzige Lagen bringen.

Tragödie und Komödie reichen sich in dem Stück „Kameramann“ von Buster Keaton die Hand

Tragödie und Komödie reichen sich durchgehend die Hand. Gebärden, Tanz, Stolpern und emotionale Regungen unterstrich der Musiker mit viel Einfühlungsvermögen, Raffinesse und Vielfältigkeit in den Arrangements.

Genial dabei die Synchronisierung von Schnitt, Bild und Live-Musik. Drama und Noten wurden untrennbare Einheit. Buchwalds Musik drängte sich nie in den Vordergrund, gab dem stummen Geschehen jedoch einen hörbaren Ausdruck. Viel Applaus für einen mitreißenden Abend voller magischer dramaturgisch-musikalischer Momente.